Online-Marketing: Gewinnspiele! Warum überhaupt?

Nichts ist im (Online-)Marketing allgegenwärtiger als Gewinnspiele. Man incentiviert Menschen, um an ihre Daten zu gelangen und das Recht zu bekommen, ihnen immer und immer wieder Werbung um die Ohren zu pfeffern. Alles mit einem recht überschaubaren Aufwand. Aber rechnet sich das wirklich? Was macht (aus meiner Sicht) Sinn und was gar nicht? Und von was sollte man unbedingt die Finger lassen?

Eigentlich ist es ja ganz einfach. Man sucht sich einen mehr oder weniger „geilen“ Gewinn und lobt ihn unter allen aus, die eine bestimmte Handlung vornehmen. So weit, so gut und auch so korrekt. Früher war das auch relativ einfach. Mit „früher“ meine ich die Zeit, in der man die ganze Sache noch auf Postkarten abgewickelt hat. Doch dann kam das Internet mit all seinen Möglichkeiten und im Anschluss die Regulierung des dadurch oftmals entstandenen, nahezu rechtsfreien Raums. Aber die Geschichte von Gewinnspielen wäre eher etwas für einen eigenen Beitrag. Ich will mich hier auf das Hier und Jetzt fokussieren.

Die verschiedenen Varianten

Wenn man sich wirklich dazu breit schlagen lässt, ein Gewinnspiel abzuhalten, dann sollte man sich erst einmal überlegen, welche Variante denn die Richtige ist. Dazu sollte man erst einmal schauen, was man mit der ganzen Geschichte überhaupt erreichen will und welche rechtlichen Rahmenbedingungen dann gelten. Als Beispiel: Will man mehr Newsletter-Abonnenten gewinnen, dann sollte man das Gewinnspiel nicht unbedingt auf Instagram abhalten. Denn das macht aus mehreren Gründen keinen Sinn. Allen voran die Tatsache, dass Links auf Instagram nur in begrenztem Umfang möglich sind. Der Medienbruch ist hier extrem hoch und mit jedem weiteren Klick oder gar der Eingabe einer URL in einen Browser wird die Abbruchrate höher. Also wäre für dieses Ziel die Plattform Website die bessere Variante.

Nach meiner Erfahrung gibt es Online zwei Hauptvarianten für Gewinnspiele: Website und Social Media. Beide haben ihre Vor- und Nachteile. Doch bei beiden muss man sich vorher über folgendes Gedanken machen: Wie ist das mit dem Recht? Ein Gewinnspiel ohne Teilnahmebedingungen öffnet Tür und Tor für Probleme. Und fast noch wichtiger: Wie ist das mit dem Support? Kann ich das jeweilige Türchen automatisch klickbar machen oder den Post automatisiert spielen und was ist, wenn etwas schief geht? Ich hatte dieses Jahr mindestens drei Fälle, in denen eine Teilnahme aus technischen Gründen nicht möglich war und irgendjemand am Wochenende oder früh Morgens Hand anlegen musste um die ganze Sache zum Laufen zu bringen. Auch hier spielt dann wieder das Thema Recht eine Rolle. Denn für solche Fälle sollte man sich dann doch rechtlich absichern.

Betrachten wir also die beiden Hauptvarianten. Den Anfang machen die

Gewinnspiele auf der Website

Newsletter-Tool

Hier sind der Umsetzung meistens technisch enge Grenzen gesetzt. Man kann zum Beispiel ein eigenes Newsletter-Formular nutzen. Der Vorteil ist, dass dieses Tool in der Regel schon implementiert und in den Datenschutzbestimmungen und dem Cookie-Banner eingebaut ist. Man hat also weniger technischen und rechtlichen Aufwand. Zudem ist die Hemmschwelle, einen Newsletter zu bestellen bei den meisten Teilnehmer:innen recht niedrig. Das liegt vor allem daran, dass heutzutage fast jeder wohl eine oder mehrere Spam-Mail-Adressen für Gewinnspiele angelegt hat. Und damit sind wir auch schon beim großen Problem: Was sind solche Newsletter-Anmeldungen am Ende überhaupt wert? Denn aus meiner Sicht und Erfahrung muss man sich über folgende Punkte im Klaren sein:

  • Die Wahrscheinlichkeit, dass man kurzfristig viele Bestellungen über die Teilnehmer:innen generiert ist extrem gering.
  • Meistens ist es so, dass sich in den Anmeldungen viele Wegwerf- oder andere E-Mail-Adressen tummeln
  • Die Liste wird über den Zeitraum des Gewinnspiels stark wachsen, aber kurz danach auch wieder sehr schnell schrumpfen. Teilweise, weil die Postfächer nicht mehr existieren und auch weil die Newsletter wieder abbestellt werden.
  • Man muss also versuchen, aus den paar „guten Datensätzen“ das Beste herauszuholen und möglichst schnell eine Kundenbindung aufzubauen.

Aber selbst hier kann man Fehler machen. Zum Beispiel, wenn man die Felder falsch deklariert und keine Tests macht. Kann aber auch sein, dass es Absicht war.

Das Feld für die Postleitzahl ist falsch deklariert.

Außerdem sollte man an den einzelnen Tagen auch verschiedene Variablen mit übergeben um nicht immer unter allen Anmeldungen auslosen zu müssen. Oder man schreibt genau dies in die Teilnahmebedingungen.

Plugins oder externe Tools

Wer das mit dem Newsletter als Tool nicht hinbekommt, kann sich auch Tools wie rafflecopter auf die Website packen oder Google Forms nutzen. Oder auch für Geld Adventskalender irgendwo bei einer Agentur kaufen. Habe ich mir alles auch schon einmal angeschaut und muss sagen: Vorsciht dabei! Schon aus rechtlicher Sicher wird mir beim Einsatz von externen Plugins auf der Website schlecht. Denn ihr sammelt Daten über ein Tool, dass ihr wahrscheinlich noch nicht in den Datenschutzbestimmungen eingebaut habt und die auch nicht vom Cookie-Banner abgedeckt sind. Dadurch macht ihr euch abmahnbar. Auch wenn das Teilnahmeformular nur verlinkt ist, braucht ihr auf jeden Fall auch dort die rechtlich vorgeschriebenen Links zu Impressum, Datenschutzerklärung und Teilnahmebedingungen. Bei keinem einzigen externen Formular habe ich mehr als einen davon gefunden in diesem Jahr.

Natürlich gibt es da draussen auch eine Menge Agenturen und Anbieter, die dir auf einer Microsite einen Adventskalender basteln oder „out of the box“ anbieten. Bei fertigen Tools hat das den Vorteil, dass diese in der Regel auch funktionieren. Trotzdem muss man hier auch den Datenschutz mitdenken. Bei extra erstellten sollte man unbedingt vorher testen. Dieses Jahr gab es mindestens drei Fälle, in denen das vergessen wurde und daher an bestimmten Tagen erst einmal gar nichts ging. Oder man eben als User selber einen Workaround finden musste. Wie hier bei Condor, wo nur durch einen Rechtsklick eine Teilnahme möglich war:

Bei Condor reagierte der Adventskalender 2022 nicht, wenn man auf das aktuelle Türchen klickte. Man musste mit der rechten Maustaste klicken und den Link in einem neuen Tab öffnen.

Zu guter Letzt sollte man sich am Ende noch Gedanken über die Usability machen. Es wird sicherlich viele Menschen abschrecken, wenn sie das aktuelle Türchen nicht oder nur schwer finden. Insbesondere, wenn man mit günstigen Gewinnen arbeitet, wird man so nur noch wenige „gute“ Leads erreichen.

Die Zahlen sind kaum erkennbar, da die Farbe des Hintergrunds und der Schrift an vielen Stellen sehr ähnlich sind.

Gewinnspiele auf Social Media

Wer sich nicht die Arbeit machen will, ein Plugin zu verwenden oder den Newsletter einzusetzen, oder auch das Geld für eine Agentur oder ein anderes Tool nicht ausgeben will, der greift in der Regel auf Social Media zurück. Klingt erst einmal logisch, doch hier wird man nicht so einfach Newsletter-Abonnenten gewinnen. Daher ist die Zielsetzung hier in der Regel eine andere: Fans und Reichweite.

Reichweite durch Gewinnspiele?

Doch funktioniert das überhaupt? Ich habe in den letzten 24 Tagen nicht wirklich mehr Posts von Gewinnspielen in meiner Facebook Timeline gehabt. Reichweite bringt es also per se nicht. Man könnte natürlich das Teilen des Posts zur Teilnahmebedingung machen. Das haben aber viele Seiten nicht getan. Aus gutem Grund: Wer will heute auch noch alle Freund darauf aufmerksam machen, dass er in der Vorweihnachtszeit an 100 Gewinnspielen teilnimmt? Und selbst wenn, dann hat er sich dafür wahrscheinlich ein extra Facebook-Profil angelegt.

Die meisten Gewinnspiele haben zumindest auf Facebook 2022 darauf gesetzt, dass man einfach nur kommentiert. Viele sind von der alten Vorgehensweise, andere Personen zu markieren abgewichen und haben nur verlangt, dass man Personen nennt. Ich persönlich finde es auch eine Frechheit, dass man Menschen markieren soll um an einem Gewinnspiel teilzunehmen und weigere mich in der Regel dann, daran teilzunehmen. Freunden, die diese Praktik machen, stehe ich inzwischen auch skeptisch gegenüber, wenn ich der Leidtragende bin und es erschließt sich mir nicht wirklich, warum Unternehmen diese Praktik weiter beibehalten. Die zusätzliche Reichweite dürfte nicht höher sein als bei einem normalen Kommentar. Nur der Nerv-Faktor ist deutlich höher und ich persönlich behalte solche Unternehmen eher negativ in Erinnerung. Man kann sich also nur darauf verlassen, dass der Algorithmus von Meta einem in die Karten spielt. Und der ist dann auch das Problem, wenn man sich das zweite Ziel ansieht:

Mehr Fans durch Gewinnspiele

Das ist bei vielen Unternehmen eine klare KPI: Die Zahl der Fans auf Facebook und Follower auf Instagram. Verständlich, denn so kann man sowohl Bekanntheit als auch Beliebtheit „vorgaukeln“. Und daher ist es immer noch Bestandteil jedes Gewinnspiels auf den Meta-Plattformen, Fan bzw. Follower des Unternehmens zu werden.

Und genau das ist das Problem: Denn was in den 24 Tagen des Adventskalenders ein Segen ist, wird in den Tagen, Wochen und Monaten danach zur Falle. Denn erst einmal steigt die Zahl der Fans kurzfristig stark an. Und auch die Postings haben eine hohe Interaktionsrate verglichen mit den restlichen Posts des Jahres. Die Online-Marketing-Abteilung jubelt, aber der Meta-Algorithmus denkt sich: „Da ist doch etwas seltsam.“ Und tatsächlich sinkt die Interaktionsrate in den folgenden Wochen und die Inhalte erscheinen für den Algorithmus zunehmend irrelevant. Das führt dann zu einer dauerhaft geringeren Interaktionsrate und sozusagen „unnützen“ Fans. Im schlimmsten Fall kann es sogar dazu führen, dass man abgestraft wird, da man quasi versucht hat, den Algorithmus auszutricksen. Aber jetzt wird es wirklich knifflig

Ist das dann überhaupt nachhaltig?

Egal, was man sich jetzt von einem Gewinnspiel auf Social Media erwartet hat. Sei es Reichweite, Fans oder auch nur Markenbekanntheit. Es hilft niemals, wenn man hier nur kurzfristig denkt. Und Adventskalender Gewinnspiele sind meiner Meinung nach das kurzfristigste Marketing-Instrument, dass sich jemals jemand ausgedacht hat. 24 Tage lang konkuriert man mit hunderten anderen Unternehmen, gibt mehr oder weniger große Summen für Gewinne aus und beendet abrupt alle Maßnahmen, denn die Angestellten wollen ja in den Weihnachtsurlaub.

Follower-Entwicklung am Beispiel Original Wagner. Daten: nindo.de

Doch was kommt dann? Ich habe es noch nicht erlebt, dass die neuen Fans dann mit auf eine Reise genommen wurden. Es findet keinerlei Bindung statt, sondern man geht einfach zum „Business as usual“ über, als ob die letzten 24 Tage nie passiert wären. Das liegt vor allem daran, dass man auf Facebook oder Instagram die neuen Fans nicht entsprechend gezielt ansprechen kann. Aber dadurch verliert man diese in der Regel sofort auch wieder. Sie werden irgendwann ihren Fan-Status aufgeben oder noch schlimmer, gar nichts mehr tun.

Persönliches Fazit / Empfehlung

Alles in Allem stehe ich persönlich solchen Gewinnspielen eher skeptisch gegenüber. Insbesondere dann, wenn man sie nicht richtig nutzt. Aber wenn ich einen Adventskalender mit Gewinnspielen entwickeln müsste, würde ich wahrscheinlich je nach Ansatz etwas anders vorgehen als die Mehrheit der Unternehmen da draussen.

Der Ansatz, die Newsletter-Abonnements zu steigern ist näher am Sale als der, die Anzahl der Fans zu erhöhen. Daher wäre diese Variante besser, wenn man das Ziel Leads / Sales hat. Am einfachsten hat man es hier, wenn man Waren / Güter hat, an denen ohnehin ein großes Interesse besteht. Als Beispiel wären hier Hersteller wie Vorwerk oder Reseller wie Media Markt zu nennen. Eigene Ware oder zum Einkaufspreis erworbene senken die Kosten enorm.

Wenn man aber die Markenbekanntheit oder gar -beliebtheit steigern will, ist man natürlich in den sozialen Medien besser aufgehoben. Doch stur 24 Posts mit Gewinnen runter zu rattern und die zukünftigen Fans nicht gleichzeitig zu binden ist weder nachhaltig, noch wird man das Potential voll ausschöpfen. Auch wenn der Aufwand für die Teilnahme dadurch steigert, würde ich daher von der Erwartung, dass User ihre Freunde markieren, einen Post teilen oder anderen Handlungen komplett abweichen und stattdessen eher auf die emotionale Ebene gehen.

Man könnte zum Beispiel für die Teilnahme kleine Aufgaben stellen, die auch dazu führen, dass sich die Teilnehmer:innen zum Einen mit der Marke beschäftigen und zum Anderen auch eine Bindung aufbauen. Und damit meine ich jetzt nicht, irgendwelche unwichtigen Informationen auf der Website zu suchen. Man könnte etwa die Aufgabe stellen, das bekannte Lied „Stille Nacht“ oder ein anderes Weihnachtslied so umzudichten, dass es sich auf das Unternehmen bezieht.

Und dann kommt die Königsdisziplin: Das Community Management. Einfach ein Like da lassen bei einem Kommentar reicht nicht wirklich. Eine emotionale Bindung entwickelt sich in der Konversation. Das bedeutet, dass der Community Manager im Rahmen seiner Möglichkeiten und in der Tonalität des Unternehmens auch auf die Kommentare reagieren sollte und so die Teilnehmer:innen an das Unternehmen zu binden. So gewinnt man echte Fans, die zum Einen auch eher willens sind, auch nach den Gewinnspielen zu interagieren und zum Anderen auch schon viel näher dran sind, auch Kund:in zu werden.

Und nur dann ist eine solche Marketing-Aktion auch nachhaltig und zielführend. Alles andere ist nur Geld ins Internetz streuen und hoffen, dass etwas davon zurück kommt.

2 Pings

  1. […] Einen Nachklatsch mit Gewinnen und einer Offenlegung von Ausgaben und Einnahmen findet ihr hier. Und warum das Ganze aus meiner Sicht nicht immer Sinn macht, also Gewinnspiele veranstalten, habe ich hier zusammengefasst. […]

  2. […] Wenn man sich schon Adressen „kauft“, indem man Incentives auslobt, dann sollte man das Kundenerlebnis auch möglichst angenehm gestalten. Warum habe ich unter anderem hier verbloggt. […]

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