Wie ich in meiner Bio schon geschrieben habe, ist mein Lebenslauf ziemlich abenteuerlich. Ich habe bei der DHL Pakete geschubst, bei der METRO Fahrräder und Waschmaschinen vertickt und war Türsteher in einer Disco. Ein weiterer Bestandteil meines Lebenslaufs, auf den ich rückblickend nicht sonderlich stolz bin, ist meine Tätigkeit bei einem der größten deutschlandweit operierenden Schlüsselnotdienste. Das Wissen, dass ich während dieser Zeit gesammelt habe, möchte ich hier niederschreiben. Zeitgleich wird es auch ein Leitfaden, wie man überteuerte Notdiensteinsätze verhindern kann.
Vorgeschichte
Meine Zeit beim Schlüsseldienst liegt zwischenzeitlich ein paar Jahre zurück. Aber die Vorgehensweise vor Ort und auch die Misere der Monteure dürfte den letzten Berichten in TV und Zeitung nach zu urteilen immer noch die Gleiche sein. Geändert hat sich eigentlich nur die Art und Weise, wie man die Aufträge an Land zieht.
Nur eine Hand voll Big Player
Schon zu meiner Zeit gab es nur eine relativ überschaubare Anzahl von Unternehmen, die diesen Markt abgegrast haben. Die Namen wechselten regelmäßig, doch die Personen dahinter blieben in der Regel die selben. Damals saßen diese Unternehmen in Bad Soden, Geldern, Kleve, Lippstadt und Regensburg. Wer in den Jahren um 2002 herum einen Schlüsseldienst angerufen hat, hatte gute Chancen in einem dieser Orte zu landen. Doch auch wenn sich die Namen und Orte ändern, das System bleibt gleich.
Das System Schlüsselnotdienstzentrale
Im Grunde läuft es so: Irgendwo sitzen Menschen in einem Büro oder Call Center und nehmen Anrufe entgegen von Menschen, die sich ausgesperrt haben. Und das sind in ganz Deutschland jeden Tag geschätzt um die 100 Personen. An Feiertagen wie Silvester deutlich mehr. Wir haben an guten Tagen 80 bis 100 Aufträge entgegen genommen. Und wir waren ja nur eine Firma unter drei oder vier großen Unternehmen und dazu kommen auch noch die Aufträge, welche die kleineren Call Center an Land gezogen haben plus die Menschen, die das Glück hatten einen lokalen und daher günstigen Schlüsseldienst zu finden.
Dort gehen also die Aufträge ein. Die Daten werden aufgenommen, den Kunden eine Wartezeit von etwa 30 Minuten angesagt und dann einer der über hundert Monteure in ganz Deutschland angerufen, der sich dann auf den Weg macht. Preise bekommt der Anrufer nach Möglichkeit nicht. Auf Fragen, wieviel so ein Einsatz denn kosten würde weichen die MitarbeiterInnen am Telefon gekonnt aus.
Ist die Tür denn abgeschlossen oder nur zugefallen? Ach wenn sie nur zugefallen ist, dann kann ich Sie beruhigen, solche Türen lassen sich in 99 % aller Fälle sehr schnell und vor allem zerstörungsfrei wieder öffnen. Wie war noch mal die Straße?
Standart-Antwort auf die Frage nach dem Preis für eine Türöffnung
Die Daten gehen also an den Monteur, der gerade Zeit hat und „in der Nähe“ ist und der düst dann los. Rund um die Uhr an beinahe 365 Tagen im Jahr. Nur die wenigsten Auftragnehmer hatten damals wirklich so etwas wie Urlaub. In der Regel meldeten sie sich höchstens für 24 Stunden ab. Und das war auch nur erlaubt, wenn es Ersatz in der Region gab oder einen guten Grund. Denn auch wenn 100 Monteure nach einer hohen Zahl klingt. In der Realität bedeutete das durchaus, dass ein Schlüsseldienstmonteur von Berlin nach Frankfurt an der Oder fahren musste oder von Hannover bis nach Kassel. Alles so lange der Kunde die Wartezeit mitmachte. Und so wurden aus 30 Minuten schnell mal eine Stunde oder auch zwei.
Die Anzahl der Aufträge war also relativ hoch. Und das kam nicht von ungefähr. Dahinter steckten ausgeklügelte Marketingmaßnahmen.
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[…] Einen aktuelleren, detaillierten Bericht zum Thema Schlüsseldienste findet ihr übrigens auf der neuen Website. […]